Babys wachen mehrmals in der Nacht auf und brauchen dann Nähe und Nahrung. Eltern stellen sich in den ersten Wochen und Monaten auf nächtliche Schlafunterbrechungen ein und es dauert meist eine Weile, bis sich ein guter Rhythmus eingestellt hat. Das ist gut und normal.
Wenn aber die Kleinen mit zwei Jahren immer noch mehrmals in der Nacht aufwachen, dann lohnt es sich die Frage zu stellen, ob das nächtliche Aufwachen möglicherweise von den Eltern verstärkt wird. Jeder Mensch durchläuft ja in der Nacht immer wieder Tiefschlafphasen und Phasen, in denen er oberflächlich schläft und an die Grenze des Aufwachens kommt. Evolutionär gesehen eine erfolgreiche Strategie, um Gefahren bemerken zu können – denn in den oberflächlichen Schlafphasen wachen wir sehr leicht auf und können uns dann notfalls in Sicherheit bringen.

Wenn das Kind gelernt hat, dass es Sinn macht, jedes Mal in einer solchen Phase aufzuwachen, wird es das tun. Warum denn auch nicht, wenn dann jedes Mal Zuwendung, Wärme und Nahrung kommt.
Damit will ich jetzt nicht sagen, dass Kinder alleine gelassen werden sollten, wenn sie nachts weinen, damit sie resignieren und weiterschlafen. Es geht nur darum, das Aufwachen nicht zu verstärken. Natürlich spreche ich kurz mit dem Kind, sage ihm, dass wir gerade alle schlafen und das alles in Ordnung ist. So muss es keine Ängste erleiden. Mit ca. zwei Jahren gebe ich ihm aber nachts keine süße Milchflasche mehr, sondern biete reines Wasser an, falls das Kind Durst hat. Meine Reaktionen fallen also naturgemäß – weil ich ja müde bin – knapp aus, so dass ein leichter Frust für das Kind entsteht. Es handelt sich dabei nicht um eine traumatische Erfahrung, sondern um ein kleines Erleben von Frust: „Manno, die kümmern sich gar nicht so schön um mich wie sonst“. Das Kleinkind wird daraus unbewusst den Schluss ziehen, dass es sich nicht lohnt dauernd aufzuwachen. Es kann gut sein, dass es zunächst laut protestiert – und man kann an seinem Schreien hören, dass es sich nicht um massive Ängste handelt, sondern dass es stinksauer über den schlechten Service ist.
Wichtig ist es, wirklich „sparsam“ zu reagieren – emotionale Reaktionen, auch negative, wirken immer verstärkend.
Auch beim Abstillen – zumindest wenn man sehr lange stillt – geht es oft nicht ohne solche Frusterfahrungen. Das Kleinkind, das daran gewöhnt war, nachts an der warmen Brust mit der süßen Flüssigkeit nuckeln zu dürfen, wird jede oberflächliche Schlafphase nutzen, um daran zu kommen. Und natürlich wird es sehr zornig, wenn der Service eingestellt wird. Viele Kleinkinder schlafen nach dem Abstillen sofort durch – es lohnt sich einfach nicht, für ein fieses Fläschchen mit kaltem Wasser aufzuwachen.
Wichtig ist immer die Überlegung: Wie geht es mir dabei? Denn für Kinder ist es langfristig auch entscheidend, in welcher Verfassung ihre Bezugspersonen sich befinden. Dauerhaft übermüdete Eltern sind nicht so lustig und können irgendwann nicht mehr viel geben. Das eigene Befinden entscheidet somit auch über die Frage, ob Eltern ihre Kinder bei sich im Bett schlafen lassen oder nicht. Wenn es ein Genuss für alle Beteiligten nicht – wunderbar. Wenn Eltern aber kein „herzlich willkommen“ für ihr Kind verspüren, sondern sich in ihrem eigenen Schlaf gestört fühlen – dann bleibt das Kind eben in seinem eigenen Bettchen.
Kleine Frusterlebnisse helfen dem Kind, Strategien zu entwickeln, um mit unschönen Erfahrungen fertig zu werden. Das Kind lernt in undramatischen, aber leicht frustrierenden Situationen, sich selbst zu beruhigen und sich selbst zu trösten – wichtige Fähigkeiten, um später nicht zu zerbrechen, wenn es mal nicht so gut läuft im Leben. Kinder, die nicht gelernt haben, sich selbst zu trösten, sind später in Gefahr, in Krisensituationen auf Medikamente, Drogen, Alkohol o.ä. zurückzugreifen. Sie haben nicht gelernt, schwierige Gefühle zu durchleben und an ihnen zu reifen.